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Prüfungs- und Hinweispflicht des Architekten bei Herstellerauskunft

Wie weit geht die Prüfungs- und Hinweispflicht des Architekten, wenn eine Herstellerauskunft vorliegt?

Das OLG München (Az. 13 U 4056/10 vom 22.02.2011) hatte folgenden Fall zu entscheiden:

Ein Architekt war vom Bauherrn verklagt worden, weil ein Dach undicht geworden war. Der Dachdecker hatte Bedenken gegen die vorgesehene Ausführungsart angemeldet; der Architekt hatte (mehrfach) Stellungnahmen des Dachziegelherstellers eingeholt, der diese Bedenken zerstreute und Zusicherungen ("Garantien") gegenüber dem Bauherrn abgab. Es blieb zu urteilen, inwieweit dem Architekten (Vollarchitektur) noch eine Verantwortung verblieb. Das OLG sagt:

"Nach der Rechtsprechung des BGH darf ein Architekt in seiner Planung nur eine Konstruktion vorsehen, von der er völlig sicher ist, dass sie den an sie zu stellenden Anforderungen genügt. Er würde schuldhaft handeln, wenn er darüber Zweifel hegen müsste und sich dennoch nicht vergewisserte, ob der von ihm verfolgte Zweck auch zu erreichen ist. Dies gilt für die ursprüngliche Planung, aber auch für spätere Planungsänderungen. Dabei darf ein Architekt die Konstruktion eines Fachunternehmers übernehmen, dessen Spezialkenntnisse den seinen überlegen sind und die von ihm auch nicht ohne weiteres erwartet werden können. Ihn trifft jedenfalls dann kein Verschulden, wenn er sich zur Lösung einer bestimmten Spezialaufgabe an ein Unternehmen wendet, das sich hierauf besonders eingerichtet hat und wenn für ihn kein triftiger Grund besteht, den Spezialkenntnissen und Erfahrungen dieses Unternehmen zu misstrauen [ ... ] Maßstab für die Frage, ob ein Architekt Mängel seiner Planung zu vertreten hat, ist danach, ob er im Zeitpunkt der Planung nach seinem subjektiven Kenntnisstand im Stande war, den Mangel zu erkennen."


Nachbemerkung 1:

Das Gericht kam auch zu dem Ergebnis, dass zwischen dem Dachziegelhersteller und dem Bauherrn ein "selbständiger Beratungsvertrag" (mit entsprechender Haftung) zustandegekommen war.


Nachbemerkung 2:

Das Gericht sah es als entlastend für den Architekten an, dass in der streitigen Sachfrage sowohl während des selbstständigen Beweisverfahrens als auch im Hauptsacheverfahren der gerichtlich bestellte Sachverständige und die privat beauftragten Sachverständigen "mit beachtlichen Argumenten" unterschiedliche Auffassungen vertraten.