Wie gehen öffentliche Auftraggeber mit unangemessen niedrigen Angeboten um?
Dies ist eines der kritischsten Themen im Vergabewesen. Fast alle Bauverwaltungen haben diesbezüglich eigene interne Regularien. Als Beispiel mag ein Rundschreiben (104 kB) des Landes Berlin dienen.
Letztlich entscheiden die Vergabekammern bzw. Oberlandesgerichte darüber, ob ein wegen vermeintlich unangemessen niedriger Preise vorgenommener Ausschluss eines Bieters rechtens war.
Der Bundesgerichtshof (Az. X ZR 100/16 vom 19.06.2018) sagt dazu:
"Es ist den Bietern was den Regelungen in § 16d Abs. 1 Nr. 1, § 16d EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A und § 60 Abs. 1 VgV zugrunde liegt auch nicht schlechthin verwehrt, zu einem Gesamtpreis anzubieten, der lediglich einen Deckungsbeitrag zu den eigenen Fixkosten verspricht (Unterkostenangebote, vgl. etwa OLG München, Beschluss vom 21. Mai 2010 - Verg 2/10, VergabeR 2010, 992, 1008). Der öffentliche Auftraggeber ist bei solchen Angeboten vielmehr gehalten sorgfältig zu prüfen, ob eine einwandfreie Ausführung und Haftung für Gewährleistungsansprüche gesichert ist (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017 X ZB 10/16, BGHZ 214, 11 Rn. 29 Notärztliche Dienstleistungen). Das Angebot ist auszuschließen, wenn der niedrige Preis nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden kann (§ 60 Abs. 3 VgV, vgl. dazu BGHZ 214, 11 Rn. 31 - Notärztliche Dienstleistungen). Grundsätzlich nichts anderes kann gelten, wenn der Bieter lediglich einzelne Positionen unter seinen Kosten anbietet. Dementsprechend kann ein Angebot auch nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden, weil einzelne Positionen darin zu Preisen angeboten sind, welche die diesbezüglichen Kosten nicht vollständig decken. Das Interesse des Auftraggebers an einwandfreier Ausführung und Haftung für die Gewährleistungsansprüche wird grundsätzlich nicht dadurch gefährdet, dass bestimmte Einzelpositionen "zu billig" angeboten werden, sondern dass der Auftragnehmer infolge eines zu geringen Gesamtpreises in Schwierigkeiten gerät. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Bieter seine zu deckenden Gesamtkosten nach Belieben einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zuordnen dürfte."
Der letzte Satz verweist auf die vom BGH aufgeworfene Problematik Mischkalkulation.