Nach welchen Grundsätzen ist das Leistungsverzeichnis eines öffentlichen Auftraggebers auszulegen?
Hierzu sagt das OLG Braunschweig (Az. 8 U 58/07 vom 27.11.2008):
"Auszugehen ist vom Wortlaut der Vertragsbestimmung. Bei der Auslegung ist zu berücksichtigen, dass eine Ausschreibung vorausgegangen ist. Das für die Auslegung der Ausschreibung maßgebliche Verständnis der Leistungsbeschreibung wird mit dem Zuschlag Inhalt des Werkvertrages. Die Ausschreibung nach VOB/A ist ein den Vertragsabschluss regelndes Vorbereitungs- und Abschlussverfahren, bei dem von den beteiligten Kreisen zu erwarten ist, dass sie die Regeln des Verfahrens kennen und sich auf sie als Grundlage der Vertragsverhandlungen einstellen. Deshalb ist für die Auslegung der Leistungsbeschreibung der objektive Empfängerhorizont, also die Sicht der Bieter, maßgebend. Dabei ist nicht auf einen einzelnen Bieter, sondern auf den angesprochenen Empfängerkreis insgesamt abzustellen. Das ergibt sich aus den Regelungen der VOB/A, nach denen die Ausschreibung der Leistungen auf das möglichst einheitliche Verständnis des Empfängerkreises hin zu formulieren ist (§ 9 Nr. 1 VOB/A), und aus dem Zweck dieser Regelungen, eine gleiche und faire Wettbewerbssituation der Bieter zu gewährleisten (vgl. BGH BauR 1993, 595, 596). Bei der danach maßgeblichen Auslegung kommt dem Wortlaut der Erklärung aus der Sicht eines im Voraus nicht übersehbaren Kreises von Erklärungsempfängern besondere Bedeutung zu. Nicht ausgesprochene Einschränkungen sind aber nicht völlig zu vernachlässigen, doch können sie nur zum Tragen kommen, wenn sie jeder der gedachten Empfänger als solche verstehen konnte und im Zweifel auch so verstehen musste (vgl. BGH BauR 1993, 595, 596)."
Siehe auch Verständnis (allgemeinsprachliches).