Inwieweit ist der Auftragnehmer bei Stundenlohnarbeiten zur wirtschaftlichen Betriebsführung verpflichtet?
Beauftragte Stundenlohnarbeiten bergen für den Auftraggeber (Besteller) das Risiko, dass der Auftragnehmer mehr Stunden geltend macht als der Auftraggeber für berechtigt oder angemessen ansieht.
Das OLG München (Az. 9 U 4117/15 Bau vom 04.07.2015; Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH zurückgewiesen) hatte einen solchen Fall zu entscheiden, allerdings aus einem streitigen Architektenvertrag. Dort waren Teile der Leistung nach Stundenhonorar vereinbart. Der AG bestritt die Berechtigung des Umfangs der abgerechneten Stunden für die erbrachte Leistung.
Nun ist hier festzustellen, dass es für einen Auftraggeber (Besteller) besonders schwierig ist, den Stundenumfang solcher Arbeiten zu überprüfen, die fernab der Baustelle und ohne eine direkte Kontrollmöglichkeit stattfinden. Die Ausführungen des OLG München gehen jedoch über den speziellen Fall hinaus:
"Grundsätzlich ist für einen schlüssigen Anspruch auf Vergütung bei Stundenhonorarvereinbarung nur vorzutragen, dass die Leistungen durch den Unternehmer erbracht wurden [...] Diesen Anforderungen war der Kläger [...] nachgekommen. Voraussetzung ist nicht, dass die Stunden wirtschaftlich eingesetzt wurden. Die Verletzung einer vertraglichen Pflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung wirkt sich dabei nicht unmittelbar vergütungsmindernd aus, sondern lässt gegebenenfalls einen vom Besteller geltend zu machenden Gegenanspruch aus Vertragsverletzung gem. § 280 Abs. 1 BGB entstehen, dessen tatsächliche Voraussetzungen der Besteller nach allgemeinen Grundsätzen darlegen und beweisen muss [...]. Dieser Anspruch des Bestellers geht dahin, den Anspruch der Vergütung zurückzuzahlen, der auf einer unwirtschaftlichen Betriebsführung beruht. Der Besteller muss die Tatsachen vortragen, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung ergibt und diesen Schadensersatz jedenfalls dem Grunde nach beziffern."
"Für eine Unwirtschaftlichkeit wird man eine Sicherheitsmarge von 20 % anzunehmen haben, § 287 ZPO. Wenn der Sachverständige 350 Stunden für angemessen hält, entsteht Unwirtschaftlichkeit nicht ab 351 Stunden, sondern dem Unternehmer ist ein gewisser Beurteilungsspielraum für die Erbringung seiner Leistung einzuräumen. Als solcher erscheint ein Sicherheitszuschlag von 20 % angemessen."
Auf Baustellen – also unter den Augen des Auftraggebers – ist eine unwirtschaftliche Betriebsführung sehr wahrscheinlich leichter nachzuweisen als eine solche in einem Planungsbüro.
Weiteres zum Thema "Wirtschaftliche Betriebsführung" hier in diesem FAQ unter dem Stichwort "Wirtschaftliche Betriebsführung".